Ein Blick nach Finnland

Einblicke in den finnischen Schulalltag – Ein Besuch der Ounasjoen Peruskoulu in Sinettä

  • Nr. 105
  • 23.5.2025
  • 3365 Zeichen
  • TFG Öffentlichkeitsarbeit

„You can take off your shoes here“ – mit diesen Worten begrüßte mich mein finnischer Kollege Pekka Laurila beim Betreten der Schule in Sinettä, Finnland. In finnischen Schulen ist es üblich, die Straßenschuhe am Eingang auszuziehen – vielleicht einerseits, weil es noch bei meiner Ankunft im Mai täglich schneite, andererseits aber auch, um eine angenehme wohnliche Atmosphäre zu schaffen.

Die Ounasjoen Peruskoulu liegt unweit des Polarkreises und ist mit rund 200 Schüler*innen und einem etwa 20-köpfigen Kollegium deutlich kleiner als unser TFG. Einige Schüler*innen nehmen teilweise lange Anfahrtswege von über 80 km auf sich, die sie mit dem Taxi zurücklegen. Hier kennen sich alle mit Vornamen, sodass ein familiäres Gefühl entsteht und schon am zweiten Tag wussten alle, wer ich bin.

Das Kollegium trifft sich regelmäßig in informellen Sofakreisen im Lehrerzimmer – nicht selten bei Spezialitäten aus dem Kochunterricht wie Erdbeertorte oder getrockneten Rentierherzen, denn Rentiere sind ein wichtiger Teil der finnischen Kultur. Die Cafeteria ist den ganzen Tag geöffnet und bietet Getränke, Porridge, Brot, Suppen, Salate, wechselnde Mittagsgerichte und einen Nachmittagssnack an. Alle sitzen beieinander: Lehrer*innen und Schüler*innen aus verschiedenen Stufen.

Für mich besonders bemerkenswert war die hohe personelle Ausstattung im Unterricht: Mit durchschnittlich 14 Schüler*innen pro Klasse und zusätzlicher Unterstützung durch drei pädagogische Fachkräfte für Kinder mit besonderem Förderbedarf, können individuelle Bedürfnisse sehr differenziert berücksichtigt werden. Die finnischen Lehrer*innen zeigten sich erstaunt, dass bei uns Regelklassen mit  32 Schüler*innen unterrichtet werden, und interessierten sich für unsere Konzepte zur Differenzierung und individuellen Förderung. Nach jeweils 45 Minuten Unterricht folgt eine 15-minütige Pause, was der Entschleunigung des Schultages zuträglich war.

Der Unterricht an der Ounasjoen Peruskoulu gestaltet sich stark digital: Die Lehrmittelverlage stellen multimedial aufbereitete Materialien – einschließlich Audio- und Videosequenzen – für jede Unterrichtsstunde zur Verfügung. Dies reduziert die Sprechzeit der Lehrer*innen zugunsten einer intensiveren individuellen Lernbegleitung der Schüler*innen. Leistungsüberprüfungen finden digital über Chromebooks statt, was auch den Korrekturaufwand deutlich reduziert.

Auffällig ist der Fokus auf die Förderung des eigenständigen Arbeitens. Die Lernumgebungen sind sehr gut ausgestattet und die Materialien für die Schüler*innen während des Unterrichts jederzeit zugänglich. Das praktische Musizieren steht im Zentrum des Musikunterrichts, wofür ein aufgebautes Bandsetting und einen Klassensatz Ukulelen zur Verfügung stehen.

Die Eindrücke aus Finnland wirken nachhaltig – sie laden zur Reflexion ein und geben wertvolle Impulse für unsere eigene schulische Arbeit. Wir danken ERASMUS+ für die finanzielle Unterstützung dieser Personalmobilität, die für beide Schulen sehr bereichernd war. Ich danke Pekka Laurila und Juhani Suominen für die engagierte Gestaltung der Job-Shadowing Maßnahme.
Ich freue mich darauf, die Erfahrungen in unseren Schulalltag einzubringen und die internationale Zusammenarbeit weiter auszubauen.

Madlen Pieles (Englisch- und Musiklehrerin)